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Frankfurter Rundschau, 19.6.2009 Ausstellung Flitners Frauen 24 Naturwissenschaftlerinnen im deutschsprachigen Raum porträtierte die Fotografin Bettina Flitner für die Ausstellung. Die acht Meter langen Stoffbahnen sind bedruckt mit jeweils vier Bildern der Forscherinnen. Sie hängen bis Ende August im Museum für Kommunikation. Dann wandern sie weiter an die Universität in Konstanz. Das größte Foto, am Kopf der Stoffbahn, zeigt jeweils ein inszeniertes Bild. Damit will Flitner die Forschung der Frauen sichtbar machen, "visuell aussagekräftig", wie sie sagt. Thisbe Lindhorsts Profil, beispielsweise, ist abgebildet vor einem hellblauen Himmel mit leicht zerrupften Wolken. Die Professorin für Organische und Biologische Chemie in Kiel steht im Wasser. Ihr schwarzer Mantel reicht bis über die Knie hin aus. Wellen überwerfen sich sanft und unscharf im Vordergrund. Die Nobelpreisträgerin Christiane Nüsslein-Vollhard badet mit geschlossenen Augen in ihrem Seerosen-Teich. Aus dem kurzen Text erfährt man, dass die Entwicklungsbiologin die Anlage des Körperplans der Fruchtfliege Drosophila identifiziert und systematisiert hat. Über Selbstbehauptung 1995 erhielt Christiane Nüsslein-Vollhard den Nobelpreis. Bettina Flitner bekam in der Redaktion der Emma mit, dass ein Foto der Forscherin benötigt wurde. Keine Presseagentur konnte ein Bild liefern. Dies sei der Anstoß für das große Projekt der Fotografin gewesen. Die Frage, die Flitner ihrem Projekt zugrunde legte, lautete schlicht: Wie kann es sein, dass Frauen in einem Bereich wie der Forschung nicht sichtbar sind? Obwohl sie die Hälfte der Weltbevölkerung stellen. Und wenn es Frauen in der Wissenschaft gibt: Wie sehen sie aus und woran forschen sie? Drei Monate reiste Flitner durch Deutschland und die Schweiz und fotografierte Naturwissenschaftlerinnen in ihrem Arbeitsumfeld und privat. Projekt im Turm Der Turm ist ein Informationszentrum für Geschlechtergerechtigkeit und Genderforschung. Gegründet 1984 von Alice Schwarzer, beherbergt das Frauenarchiv eine Fülle feministischer Literatur. Es soll künftig eine Bilddatenbank zur Frauenemanzipation im deutschsprachigen Raum geben. Bettina Flitners Bilder werden ein Teil davon sein. Sie sollen helfen, die Frage zu beantworten, welche Funktion Bilder in der Geschlechterpolitik haben. Bilder machen Frauen und prägen ihr Image. Das weiß man spätestens seit den Lästereien über Angela Merkels Frisuren, ihre Kleider und den tiefen Blick ins Dekoltée. Bettina Flitners Bildpolitik ist allerdings eine andere: Sie zeigt die Forscherinnen auf Augenhöhe, als Menschen. Sie sind Frauen, die etwas erreicht haben – und trotzdem erreichbar sind.
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