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Nachbarn I Neighbors

Albert-Schweitzer-Straße 21 und 22 in Hoyerswerda. Deutsche greifen ihre Nachbarn aus Moçambique und Vietnam an, mit denen sie seit Jahren Wand an Wand wohnen. Es passiert scheinbar von heute auf morgen. Die erste offen rassistischen Angriffe im Jahr 1992 in dem wiedervereinigten Deutschland. – 17-teilige Arbeit, hier eine Auswahl

Albert- Schweitzer Street No 21 and No. 22. Germans attack their neighbours from Moçambique and Vietnam, with whom they have lived next door for years. It happens seemingly overnight. The first openly racist attacks in 1992 after the german reunification. 17- piece work, here a selection

Die Arbeitsmethode basiert darauf, mit Originalzitaten zu arbeiten. Daher werden alle Zitate in ihrer Originalfassung wiedergegeben. Diejenigen, die sich die Realität von rassistischen, antisemitischen und frauenfeindlichen Äusserungen nicht zumuten möchten, sollten nicht fortfahren. I The working method is based on working with original quotations. Therefore all quotes are reproduced in their original version. Those who do not want to face the reality of racist, anti-Semitic and misogynistic statements should not proceed.

 
 
Immer um 14 Uhr versammelten sich die Nachbarn. Zwei Stunden später kamen die Skinheads dazu. Voll mit Schnaps. Und haben Krawall gemacht. Vier Tage lang. Die Nachbarn haben applaudiert. Und die Mädchen, die bei uns waren, sind zusammengeschlagen worden. Schon früher haben sie uns zugerufen:“ Neger,  geh’ zurück in deinen Busch!“ For four days, the neighbors gathered down there at 2’o clock every afternoon. Two hours later they were joined by the skinheads. Full of schnapps. And kicking up a racket. The neighbors egged them on. And they beat up the girls who had been to see us. Even before that they used to shout at us ‚Go back to the bush, nigger!’ 

Immer um 14 Uhr versammelten sich die Nachbarn. Zwei Stunden später kamen die Skinheads dazu. Voll mit Schnaps. Und haben Krawall gemacht. Vier Tage lang. Die Nachbarn haben applaudiert. Und die Mädchen, die bei uns waren, sind zusammengeschlagen worden. Schon früher haben sie uns zugerufen:“ N* , geh’ zurück in deinen Busch!“

Always at 2 p.m. the neighbors gathered. Two hours later, the skinheads joined them. Full of schnapps. And kicking up a racket. The neighbors egged them on. And the girls who were with us were beaten up. Even before that they used to shout at us ‚Go back to the bush, n* !’ 

 
Also nix gegen den Fidschi, der wusste, was Arbeit ist. Aber die Neger- nur ihre Buschmusik an und an den Frauen rummachen. Wie wir nach dem Abgang das Asylantenheim aufgeräumt haben, da sind alle nur mit Handschuhen rangegangen. Nuthin’ against the chinks, they know how to work. But the niggers - they don’t care about anything except their bush music and laying women. When we cleaned out the refugee hostel after it was empty, we wouldn’t touch anything without gloves. 

Also nix gegen den Fidschi, der wusste, was Arbeit ist. Aber die N* - nur ihre Buschmusik an und an den Frauen rummachen. Wie wir nach dem Abgang das Asylantenheim aufgeräumt haben, da sind alle nur mit Handschuhen rangegangen.

Nuthin’ against the chinks, they know how to work. But the n* - only their bush music on and make out with the women. How we cleaned up the asylum seekers' home after we left, we wouldn’t touch anything without gloves.

Immer nur hierdrin. Manchmal weiss ich schon gar nicht mehr, welche Tageszeit ist. Neulich war ich unten an der Tür, da hat einer zu mir gesagt: “Du Schwein“. Einfach so. Und wenn ich frühmorgens in den Supermarkt schleiche, fragt die Kassiererin jeden Tag:“ Was? Du lebst noch?“ Stuck in here all the time. Sometimes, I don’t even know what time it is. The other day I went down to the door and somebody said: You pig. For no reason at all. And when I sneak out to the supermarket early in the morning, the cashier asks me the same question, ‘What, are you still alive?’

Immer nur hierdrin. Manchmal weiss ich schon gar nicht mehr, welche Tageszeit ist. Neulich war ich unten an der Tür, da hat einer zu mir gesagt: “Du Schwein“. Einfach so. Und wenn ich frühmorgens in den Supermarkt schleiche, fragt die Kassiererin jeden Tag:“ Was? Du lebst noch?“

Stuck in here all the time. Sometimes, I don’t even know what time it is. The other day I went down to the door and somebody said: You pig. Just like that. And when I sneak out to the supermarket early in the morning, the cashier asks every day, "What? You're still alive?

 
Gegen die Pollacken, die Fidschis und die Alis hatten wir ja nix. - Aber die Neger sind zuviel. Wir sind beide arbeitslos, aber die Neger, die haben Arbeit. Die spielen sich hier auf, als wäre die der König von der Albert-Schweitzer-Straße. We didn’t mind the Polish wogs, the chinks and the Ali Babas. But the niggers are too much. We’re both on the dole, but the niggers, they have work. They act like they’re the kings of Albert-Schweitzerstreet.

Gegen die Pollacken, die Fidschis und die Alis hatten wir ja nix. - Aber die N* sind zuviel. Wir sind beide arbeitslos, aber die N* , die haben Arbeit. Die spielen sich hier auf, als wäre die der König von der Albert-Schweitzer-Straße.

We didn’t mind the Polish wogs, the chinks and the Ali Babas. But the n* are too much. We’re both on the dole, but the n* , they have work. They act like they’re the kings of Albert-Schweitzer Street.

Jede Nacht stehe ich am Fenster und gucke. Das ist kein Leben mehr: Ich esse nicht mehr normal, ich schlafe nicht mehr normal. Nicht alle Deutschen sind schlecht. Aber wenn ich vier zusammen sehe, wechsel ich die Straßenseite. I stand at the window every night and look out. This is no life anymore. I can’t eat properly anymore, I can’t sleep. Not all Germans are bad, but when I see four of them together, I cross the street.

Jede Nacht stehe ich am Fenster und gucke. Das ist kein Leben mehr: Ich esse nicht mehr normal, ich schlafe nicht mehr normal. Nicht alle Deutschen sind schlecht. Aber wenn ich vier zusammen sehe, wechsel ich die Straßenseite.

I stand at the window every night and look out. This is no longer life: I no longer eat normally, I no longer sleep normally. Not all Germans are bad. But when I see four together, I change the side of the street.

 
Was die hier alles aus den Intershops rausgeschleppt haben! Videorecorder und Adidas-Schuhe. Davon konnten wir ja nur träumen. Aber dann behaupten, sie hätten kein Geld. Also, auf gut deutsch gesagt: Wir sind froh, wenn sie weg sind! You should have seen what they used to cart out of the Intershops. Video recorders and Adidas sneakers. Stuff we could only dream of. And then they’d tell us they didn’t have any money. To put it bluntly, we’ll be glad when they are gone.

Was die hier alles aus den Intershops rausgeschleppt haben! Videorecorder und Adidas-Schuhe. Davon konnten wir ja nur träumen. Aber dann behaupten, sie hätten kein Geld. Also, auf gut deutsch gesagt: Wir sind froh, wenn sie weg sind!

You should have seen what they used to cart out of the Intershops. Video recorders and Adidas sneakers. Stuff we could only dream of. And then they’d tell us they didn’t have any money. To put it bluntly, we’ll be glad when they are gone.

Schon vorher durften wir uns nirgendwo sehen lassen. In der Disco tanzen? Eh, Neger, weg da! Im Restaurant essen? Das nächste Mal bringst Du dein eigenes Besteck mit! Oder sollen wir etwa mit derselben Gabel essen? Even in the past we had to stay out of sight. Go dancing at the disco? „Hey nigger, scram!“ Go to a restaurant? „Bring your own knife and fork with you next time! You don´t expect  us to use the same ones as you, do you?“

Schon vorher durften wir uns nirgendwo sehen lassen. In der Disco tanzen? Eh, N* , weg da! Im Restaurant essen? Das nächste Mal bringst Du dein eigenes Besteck mit! Oder sollen wir etwa mit derselben Gabel essen?

Even in the past we had to stay out of sight. Go dancing at the disco? „Hey n* , scram!“ Go to a restaurant? „Bring your own knife and fork with you next time! You don´t expect us to use the same ones as you, do you?“

 
Hier im Haus grüßen mich immer weniger, weil mein Freund aus der 20 war. Früher haben sie nur hinterm Rücken getuschelt. Jetzt rufen sie von der Straße „Negerhure“ rauf. Im März ist er zurück nach Moçambique. Bisher habe ich nichts mehr von ihm gehört... The people in this block have started to ignore me more and more because my boyfriend was from NO. 20. In the past they´d just whisper behind our backs. Now they shout ´nigger whore´at me from the street. In March he went back to Mozambique. Since then I´ve had no news of him....

Hier im Haus grüßen mich immer weniger, weil mein Freund aus der 20 war. Früher haben sie nur hinterm Rücken getuschelt. Jetzt rufen sie von der Straße „N* hure“ rauf. Im März ist er zurück nach Moçambique. Bisher habe ich nichts mehr von ihm gehört...

The people in this block have started to ignore me more and more because my boyfriend was from NO. 20. In the past they´d just whisper behind my back. Now they shout ´n* whore’ at me from the street. In March he went back to Mozambique. Since then I´ve had no news of him....

 

Ausstellungen & Buch
Exhibitions & Book

 

“Die 17-teilige Schwarz-Weiß-Fotoserie ‘Nachbarn’ dokumentiert die Stimmung nach den rassistischen Ausschreitungen im sächsischen Hoyerswerda. Die geordneten Kompositionen, die Licht- und Schattenkontraste und die direkte Bildsprache machen diese zu Flitners inhaltlich und ästhetisch stärkster Arbeit.”
– Taz


“Für die Serie ‘Nachbarn’ stellte sie dann jeweils Fensterblicke aus den Wohnungen von Ausländern und Deutschen nebeneinander und ergänzte dazu die wechselseitigen Aussagen zum Miteinander. Auch hier hat die strenge Form eine ungeheure Kraft.
– Frankfurter Allgemeine Zeitung

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